Drei hessische Minister wollen mit dem Konzept „Deutschland-Rente“ einen neuen Rentenfonds gründen, um eine zusätzliche private Altersvorsorge attraktiver zu machen. Die Versicherungslobby läuft Sturm gegen den Plan von Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, Sozialminister Stefan Grüttner und Finanzminister Dr. Thomas Schäfer.
„Wir schlagen eine einfache, sichere und günstige zusätzliche Altersvorsorge vor: die Deutschland-Rente, ein Standardprodukt für jedermann. Sie wird zum Selbstkostenpreis von einem zentralen Rentenfonds verwaltet, damit das Geld, das Bürger für ihre zusätzliche Altersvorsorge beiseitelegen, sicher vor überteuerten Angeboten ist“, schreiben die Minister in einem Positionspapier.
Die Deutschland-Rente soll ein Rentenfonds sein, der nach dem Vorbild des norwegischen Staatsfonds strukturiert, frei von politischem Einfluss und ohne Gewinnabsicht arbeiten soll. Der sogenannte Deutschlandfonds soll seine Anlagen breit streuen und eine vergleichsweise hohe Aktienquote haben.
Die Einzahlung in den Fonds soll nach den Plänen der hessischen Minister, wie bei der Rentenversicherung, direkt durch den Arbeitgeber erfolgen. „Die Einzahlung erfolgt daher unbürokratisch auf bereits etabliertem Weg. Die Anlage der eingezahlten Beiträge obliegt dann dem Deutschlandfonds, einem eigenständigen zentralen Rentenfonds, der ohne eigenes Gewinninteresse auf Selbstkostenbasis arbeitet und geschützt vor politischem Zugriff ist“, heißt es in dem Positionspapier.
Die Pläne für eine Deutschland-Rente stossen auf massiven Widerstand der Versicherungsbranche.
„Den Staat selbst quasi als Überkonkurrent in den Markt einzuführen, ist nicht nur wettbewerbsrechtlich sondern auch ordnungspolitisch verfehlt“, wettert Peter Schwark in der „FAZ“. Es sei zudem keineswegs erwiesen, dass ein staatlich verwalteter Fonds kostengünstiger sei als eine marktwirtschaftliche Lösung, warnt das Mitglied der Hauptgeschäftsführung im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Auch Dr. Sebastian Grabmaier, Vorstand des Maklerpools Jung, DMS & Cie. sieht das Konzept der Deutschland-Rente ausserordentlich kritisch. Das Konzept habe drei große Fehler, „die es zu einem Albtraum machen“, erklärt Grabmaier im Interview mit Das Investment.
Als erste große Schwäche nennt Dr. Sebastian Grabmaier die Zuständigkeit des Staats für die Anlagestrategie. Es gebe aber in der „Geschichte kein einziges Beispiel dafür, dass der Staat den Markt langfristig schlagen kann“, so Grabmaier. Es bestehe das Risiko, dass ein Staats-Fonds sozialpolitische und planwirtschaftliche Zwecke verfolgen würde und dabei das gewünschte Ziel einer nachhaltigen Altersvorsorge aus den Augen verliert.
Die zweite große Schwäche eines Zentralfonds ist laut Grabmaier das Einheitskonzept des Fonds, welches die persönliche Situation des Einzahlers in keiner Weise berücksichtigt. Gerade jungen Arbeitnehmern würde hierdurch die Möglichkeit genommen, durch eine hohe Aktienquote langfristig höhere Erträge zu erzielen. Lebenszyklusmodelle seien jedoch ein „Wesensmerkmal aller modernen Alterssicherungssysteme. Einheitsmodelle dagegen vergeben Renditechancen“, erklärt der JDC-Chef Grabmaier.
Das dritte Problem eines großen Staatsfonds sieht Dr. Sebastian Grabmaier in der Verzerrung der Wirtschaft. Schon aufgrund der schieren Größe eines Deutschland-Fonds würde der Fonds innerhalb kurzer Zeit enormen Einfluss auf die Unternehmensfinanzierung und damit automatisch auch auf die Unternehmenssteuerung auf Hauptversammlungen und im Aufsichtsrat von Aktiengesellschaften haben.
Das Argument vermeintlicher Kostenvorteile sieht Grabmaier hingegen skeptisch. Kostenvorteile durch Entfall von Vertriebskosten würden schnell durch höhere Verwaltungskosten und Ineffizienzen der Kapitalanlagen aufgefressen.
Noch kein Kommentar vorhanden.