Gebäude haben ein Problem. Ihre Erstellung und ihr Betrieb verursachen große Mengen der klimaschädlichen CO2-Emissionen. Weltweit rund 30 Prozent, je nachdem wie gerechnet wird. Würden Häuser anders gebaut, hätte dies einen großen Impact und würde direkt auf die Klimaziele einzahlen. Die in Stuttgart ansässige TRIQBRIQ AG will genau das ermöglichen. Mit ihrem mikro-modularen Bausteinsystem könnte sie gleich mehrere Probleme auf dem Weg zu einem nachhaltigeren Gebäudebestand lösen.
Ende August dieses Jahres konnte das noch junge Unternehmen hohen Besuch in den eigenen Werkhallen am Produktionsstandort in Tübingen empfangen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann wollte sich vor Ort darüber informieren, welche Möglichkeiten TRIQBRIQ für eine nachhaltige und kreislauffähige Bauwirtschaft leisten kann. Kretschmann zeigte sich beeindruckt und betonte die Bedeutung von Start-ups für die Transformation der Wirtschaft: „Unternehmen wie TRIQBRIQ bringen Innovationen voran und machen Klimaschutz kopierfähig.“
TRIQBRIQ hat einen nachhaltigen und wiederverwendbaren Baustein entwickelt
Eine nachhaltige Bauwirtschaft braucht unterschiedlichste neue Ansätze, um den zukünftigen Herausforderungen einer nachhaltigeren und klimaschonenderen Bauweise begegnen zu können. Die energetische Optimierung sollte zwar von Beginn an mitgedacht werden, kann aber erst in der Nutzungsphase ihre Wirkung entfalten. Deshalb geraten immer stärker die Bauphase und neue Baumaterialien in den Fokus. Doch bislang werden diese von Architekten und der Bauindustrie noch zögerlich umgesetzt. Entweder sind die vorhandenen Mengen neuer Baustoffe zu gering, die technischen Voraussetzungen werden nicht erfüllt, oder sie sind schlicht zu teuer. Das muss nicht so sein, ist TRIQBRIQ-Vorstand Max Wörner überzeugt. Das Unternehmen hat einen Baustein entwickelt, den sogenannten BRIQ, der nachhaltiger ist, keinen Abfall verursacht, kreislauffähig ist und zu marktfähigen Preisen in großen Stückzahlen produziert werden kann. Eigenschaften, mit denen TRIQBRIQ bereits einige Auszeichnungen einheimsen konnte, unter anderem im vergangenen Jahr den Vonovia Innovationspreis.
Was sich nach eierlegender Wollmilchsau anhört, ist das Ergebnis eines langen Entwicklungsprozesses zusammen mit Architekten und Bauexperten, an dessen Ende die Gründung des Unternehmens TRIQBRIQ stand. Nun will Max Wörner und sein Team die Baubranche erobern. Wörner: „Das TRIQBRIQ-System ist einfach, nachhaltig und trifft mit diesen Eigenschaften den Nerv der Zeit.“ Der Bedarf ist groß in einer Branche, in der Nachhaltigkeit eine immer größere Rolle spielt und Zeit nicht nur sprichwörtlich Geld ist. Inzwischen konnte TRIQBRIQ in ersten Bauprojekten die Leistungsfähigkeit des Systems unter Beweis stellen. Zuletzt wurde in Frankfurt ein mehrgeschossiger Rohbau mit BRIQS in nur sechs Tagen fertiggestellt.
TRIQBRIQ produziert Bausteine aus Schadholz
Die Besonderheit des von TRIQBRIQ entwickelten Bausteins ist die Verwendung von Schadholz. Holz ist grundsätzlich kein neuer Baustoff, bringt aber ein paar Besonderheiten mit. Zum einen ist die Nutzung hochwertiger Hölzer teuer und sollte durch Fachpersonal verarbeitet werden. Holz reagiert auf Feuchtigkeit und die damit einhergehenden Ausdehnungen müssen beim Bau berücksichtigt werden. Genau dieser Nachteil von Holz wird in den BRIQS vermieden. Das liegt an der dreiaxialen Verbindung kleinerer Kanthölzer, die mit hochpräzise arbeitenden Industrierobotern zu den BRIQS zusammengesetzt werden.
Deshalb kann TRIQBRIQ auch mit sogenanntem Kalamitätsholz arbeiten. Damit sind Hölzer gemeint, die eine Beschädigung aufweisen, beispielsweise den Befall mit Borkenkäfern oder Sturmschäden und deshalb für die weitere Verarbeitung zu hochwertigen Holzprodukten nicht mehr infrage kommen. Bis zu 60 Prozent der jährlichen eingeschlagenen Holzmenge wird in Deutschland als Kalamitätsholz klassifiziert. Meist landen die Hölzer in der Verbrennung, immerhin mehrere Millionen Kubikmeter. Das ist nicht nur Verschwendung von Ressourcen, sondern setzt auch das im Holz eingelagerte CO2 frei und feuert damit den Klimawandel an.
Max Wörner: „Wir lagern auf einem Quadratmeter Wandfläche rund 200 Kilogramm CO2 ein.
In den BRIQS finden diese Hölzer nun eine sinnvolle Nutzung, binden das CO2 langfristig und tragen damit aktiv zum Klimaschutz bei. Wörner: „Konkret lagern wir auf einem Quadratmeter Wandfläche rund 200 Kilogramm CO2 ein. Bezogen auf ein durchschnittliches Einfamilienhaus entspricht dies etwa 50 Tonnen CO2. Zudem stammt das Holz für die BRIQS ausschließlich aus heimischen Wäldern bzw. aus regionalen Sägewerken, die das Holz für die Weiterverarbeitung aufbereiten. „Langfristig ist es denkbar, dass wir unser Holz direkt von den Waldbesitzern beziehen“, sagt Max Wörner. „Insgesamt ist der Nachschub für unsere BRIQs aber für viele Jahrzehnte gesichert.“
Aktuell bietet TRIQBRIQ drei Wandstärken an. Wörner: „Die Bausteine mit einer Stärke von 25 bzw. 30 Zentimetern sind vor allem für die tragenden Wände gedacht. Für den Innenausbau haben wir eine Wandstärke von 16,6 Zentimetern im Angebot.“ Der Standard-BRIQ hat eine Länge von 50 Zentimetern, für einen Fenster- oder Türsturz sind die Längen angepasst. Wenn das Architekturkonzept andere Maße erfordert, können diese individuell angefertigt werden. „Die meisten Gebäudekonstruktionen lassen sich aber mit unseren regulären BRIQS problemlos erstellen“, sagt Max Wörner. „Unser System ist zudem technologieoffen und lässt sich in den unterschiedlichsten Kombinationen anwenden.“ TRIQBRIQ stellt also für Architekten und Bauunternehmen keine Bedrohung für deren Geschäftsmodelle dar. Vielmehr lassen sich die BRIQS in bestehende architektonische Konzepte integrieren.
Max Wörner: „Am Ende ist ein mit TRIQBRIQ erstelltes Haus rein äußerlich von anderen Bauten nicht zu unterschieden.“
Verbaut werden die BRIQS wie andere am Bau übliche Ziegel. Die einzelnen Bausteine werden ähnlich wie Legosteine im Verband ineinandergesteckt. Mit Dübeln aus hartem Buchenholz werden die BRIQS dann miteinander verbunden. Zusätzliche Verbindungen mit Leim oder Schrauben sind nicht erforderlich. Innenverkleidungen oder Dämmplatten werden verschraubt, um die Rückbaubarkeit sicherzustellen. Danach sind alle denkbaren Wandbehandlungen möglich. Das Prinzip ist einfach und kann nach kurzer Anweisung von Handwerkern, aber auch Laien angewendet werden. „Am Ende ist ein mit TRIQBRIQ erstelltes Haus rein äußerlich von anderen Bauten nicht zu unterschieden“, so Wörner.
TRIQBRIQ realisiert die Vision von einem zirkulären Baustoff
Recycling und Kreislaufwirtschaft sind zwei brennende Themen in der Bauwirtschaft. Der Markt verlangt nach Lösungen, die bisher nur langsam vorankommen. Zum einen fehlt vielerorts das Bewusstsein, zum anderen erschweren gesetzliche Regelungen die Umsetzung. Kaum beachtet wird bislang die so genannte graue Energie. Darunter versteht man den Energieaufwand, der für die Herstellung, Verarbeitung und Entsorgung von Baustoffen inklusive der jeweiligen Transporte benötigt wird. „Meist ist der Anteil der grauen Energie, die in einem Gebäude gebunden ist, größer als die Energie, die im späteren Betrieb verbraucht wird“, sagt Max Wörner. Je länger ein Gebäude genutzt wird, desto stärker verschieben sich die Anteile. Der vorzeitige Abriss eines Gebäudes ist aus Sicht des Klimaschutzes selten eine gute Option. Dennoch gehört der Abriss intakter Gebäude zum Alltag.
In der Praxis setzt sich allerdings zunehmend der Gedanke der Zirkularität durch. Dabei wird ein Baustoff bzw. ein ganzes Gebäude als geschlossenes System betrachtet. Das scheinbare Ende eines Baustoffs wird also schon am Beginn mitgedacht. TRIQBRIQ hat diesen Gedanken konsequent umgesetzt und bietet mit den BRIQS ein Bausteinsystem an, das vollständig und sortenrein rückbaubar ist. Wörner: „Mit TRIQBRIQ erstellte Gebäude lassen sich komplett wieder abbauen und die BRIQs erneut verwenden.“ Das spart Ressourcen und senkt den Anteil der grauen Energie in einem Gebäude erheblich.
Aber auch an die kleineren Stellschrauben hat man bei TRIQBRIQ gedacht. So werden die Bausteine mit wiederverwendbaren Schutzhüllen und Spanngurten an die Baustellen geliefert. Denn auch Abfall ist ein Problem der Baubranche.
TRIQBRIQ arbeitet profitabel
Das Konzept von TRIQBRIQ kommt an, die Nachfrage ist groß und die Auftragsbücher füllen sich. Bis 2025 strebt das Unternehmen einen Marktanteil von einem Prozent an, das entspricht einem Umsatz von etwa 45 Millionen Euro. Schon in diesem Jahr arbeitet TRIQBRIQ profitabel und plant bis Ende des Jahres den Hauptproduktions-standort in Tübingen maximal auszulasten.